Wandern mit Flores

Nachdem im April und Mai coronabedingt auftragstechnisch eine ziemliche Flaute herrschte, könnte ich in den letzten Wochen wieder Tag und Nacht und auch am Wochenende arbeiten. Ich muss mir in so einem Fall Pausen verordnen, damit die Arbeit nicht überhand nimmt. Und mein Kopf brauchte nach der vielen Wohnort-Grübelei in den letzten Tagen auch dringend eine Durchlüftung.

Also habe ich mir heute den Vormittag freigehalten und bin mit Flores losgezogen. Wettertechnisch war es für mich perfekt zum Wandern. Nicht zu warm und bedeckt/regnerisch. Los gings mit etwas Aufregung: Nachdem ich Flores ohne Zwischenfälle über den Katzen-Highway (Straße hier in der Nähe, in der Flores auf der Suche nach einer Katze immer unter sämtliche Autos schaut und wenn sie eine erblickt, ihren Unmut lautstark kundtut) gelotst hatte, kreuzte kurz vorm Auwald eine ihrer Erzfeindinnen unseren Weg. Ich wusste, was gleich passiert, nahm sie beiseite und lenkte sie ab. Leider kam die Besitzerin des Hundes auf die glorreiche Idee, mir zuzurufen, dass ich Flores an der Wiese ableinen solle. Da konnte sich dann Flores leider nicht mehr beherrschen und ich teilte der Frau (mich bemühend, das Gebell zu übertönen) mit, dass man doch sehen würde, dass das nicht funktioniert. Sie guckte nur verständnislos und bemühte sich, ihren Hund abzurufen, was dann ungefähr beim 10. Mal auch klappte. Hachja.

Wir liefen dann weiter durch den Auwald, an der neuen Luppe entlang Richtung Böhlitz-Ehrenberg und später Lützschena-Stahmeln. Vor ein paar Wochen war hier auf dem Deich noch eine Schafherde unterwegs. Ich freute mich über die vielen Wildblumen auf den Wiesen und am Wegrand. Nach ungefähr 4,5 km kamen wir dann an Flores‘ Lieblingswiese an, wo sie sich so richtig austobte – da kam mal wieder der Windhund in ihr durch (kleine Anmerkung am Rande: ich hatte neulich einen Gentest machen lassen, weil ich stark bezweifelte, dass sie ein Golden Retriever-Mischling ist und bingo: 0 % Golden Retriever, dafür ca. 70 % Herdenschutzhund und 30 % Windhund und Weißer Schäferhund – DAS erklärt einiges in ihrem Verhalten). Dann machten wir eine kleine Rast auf einer Bank in der Nähe, wobei Flores natürlich mal wieder sofort die Umgebung scannen und unseren Lagerplatz bewachen musste 😉 Zum Glück kam nicht, wie beim letzten Mal, eine Nordic-Walkerin aus dem Wald hinter uns (die wurde nämlich von Flores als potenziell gefährlich eingestuft und musste gemeldet werden 😉 Überhaupt waren heute nur ein paar Radfahrer und Läufer unterwegs, was ich sehr angenehm fand. Es war heute so still, wie ich es schon länger nicht mehr erlebt hatte. Eine absolute Wohltat für meine Ohren, die in den letzten Tagen eine Überdosis Rasenmäher- und sonstige Gartengeräte-Lärm abbekommen hatten. Ich konnte mich endlich mal wieder richtig entspannen.

Inzwischen war der zunächst leichte Regen stärker geworden und so machten wir uns auf den Rückweg. Im Wald tropfte das Wasser von den Bäumen und außer dem beruhigenden Rauschen des Regens und dem Vogelgezwitscher war nichts zu hören. Ich liebe es einfach, im Wald unterwegs zu sein, wenn es regnet. Nach knapp 9 km und ungefähr 3 Stunden nach Aufbruch kamen wir wieder zu Hause an.

Mir hat diese Wanderung heute wahnsinnig gut getan. Ich merke immer wieder, wie sehr ich die Bewegung in der Natur brauche, am liebsten ganz allein (also, natürlich allein mit Flores). Das ist für mich ein wertvolles Stück Freiheit. Niemand will etwas von mir und ich muss mich nach niemandem richten. Nachdem ich eine Weile gegangen bin, wird mein Kopf so richtig frei und ich bin fernab von Straßenlärm und vielen Menschen so entspannt wie ich es in der Stadt nie bin. Und ganz nebenbei komme ich mir beim Gehen selbst näher, meinen ganz eigenen Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen. Mit jedem Schritt werden Probleme, die ich vorher als riesengroß und unlösbar wahrgenommen habe, kleiner und manchmal findet sich schon beim Gehen eine Lösung dafür. Ich will unbedingt versuchen, mir auch in der kommenden stressigen Zeit ausreichend Zeit dafür zu nehmen, um sowohl die Umgebung als auch mich selbst weiter zu entdecken.

Wenn der Windhund durchkommt 😉
Neulich im Buchladen entdeckt: ein tolles und sehr inspirierendes Buch übers Draußensein

6 Kommentare zu „Wandern mit Flores

  1. Es ist schön, dass Du so entspannen kannst während Deiner kleinen Wanderungen.

    Mir gelingt das leider oft nicht. Denn, wenn ich allein unterwegs bin, wird mir häufig meine innere und tatsächliche Einsamkeit besonders bewusst. Wenn das geschieht, bekomme ich mein Gedamnkenkarussell einfach nicht zum Stehen. So sind im Ergebnis etliche meiner Spaziergänge eher nicht erholden. Leider …

    Ich wusste gar nicht, dass man bei Hunden auch einen Gentest machen lassen kann. Darf ich fragen, wie teuer so etwas ist?

    In jedem Fall belegt das kleine Video eindrucksvoll die Windhundabstammung Deiner Flores. Die ist ja eine richtige „Rennsemmel“! 😉

    Ganz viele liebe Grüße an Dich! 💚🌻

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    1. Das Entspannen geht tatsächlich nicht immer gleich gut … ich konnte das an meinem letzten Wohnort in dem dortigen Wald sehr gut. Hier habe ich eine derartige Wanderung erst zum 4. Mal gemacht – und da hat es gut geklappt mit dem Entspannen. Beim ersten Mal hatte ich eine fette Panikattacke. Aber ich weiß, wenn man das öfter macht, gewöhnt man sich dran und es klappt mit der Zeit besser. Und es steigert das Vertrauen in sich selbst (wovon ich chronisch zu wenig habe). Ich muss ohnehin jeden Tag mehrere Stunden mit Flores raus, sonst stellt sie mir die Bude auf den Kopf 😉 Das mit dem Gedankenkarussel bei dir kann ich gut verstehen (hast du das bei Strandspaziergängen auch? Am Strand kann ich immer sehr gut abschalten), wenn ich alleine gehe oder auch gerade auf den Morgenrunden mit Flores habe ich das auch oft. In dem Fall hilft es, mich komplett auf etwas zu konzentrieren (ich muss ja ständig schauen, was Flores macht und da bleibt dann keine Zeit fürs Nachdenken). Meinst du das mit der Einsamkeit in Bezug darauf, dass andere Menschen zu zweit oder in Gruppen unterwegs bist und du allein? Das ging mir zumindest am Anfang so. Inzwischen gehe ich tatsächlich am liebsten alleine, weil ich dann quasi machen kann, was ich will und wenn jemand dabei wäre, könnte ich mich gar nicht so auf die Natur konzentrieren. Außerdem kenne ich hier in der Stadt nur sehr wenige Menschen – und die gehen nicht unbedingt gerne spazieren/wandern. Ich fühle mich tatsächlich auch oft einsam – seltsamerweise aber nicht beim Wandern oder auch beim alleine ins Cafe gehen. Irgendwie habe ich mich auch dran gewöhnt, alleine Dinge zu unternehmen. Durch meine vielen Umzüge sind nur wenige Freundschaften erhalten geblieben und ich bin auch nicht unbedingt jemand, der auf Menschen zugeht bzw. finde es anstrengend, neue Menschen kennenzulernen.

      Ich hatte das mit dem Gentest irgendwann mal im Internet gefunden. Der Test hat 119 Euro gekostet. Das Ergebnis war erstmal ein Schock, aber jetzt hilft es mir, besser auf sie einzugehen.

      Ja, Flores liebt es, zu rennen (das im Video ist noch nicht die maximale Geschwindigkeit 😉 und muss sich auch richtig austoben, damit sie ausgeglichen ist. Bisher hat sie auch noch kein anderer Hund eingeholt 😉

      Ganz liebe Grüße zurück an dich 🙂

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      1. Du verstehst „schon wieder“ so gut! –

        Hier in meiner (kleinen) Stadt geht es mir ganz ähnlich wie Dir. Ich habe hier nur zwei, drei mehr oder weniger flüchtige Bekannte, aber keinen Freund, keine Freundin. Die wenigen wirklichen, die ich habe, wohnen alle recht weit weg – Berlin ist da so eine kleine „Zentrale“.

        Strandspaziergänge sind wirklich gut. Nun wohne ich zwar ganz nahe am Wasser (wir haben hier einen ganz schönen Hafen) aber zu einem richtigen Strand sind es denn doch mehr als 15 Kilometer. Da ich kein Auto fahre (habe keinen Führerschein wegen meiner Angsstörung – es gibt da ein Trauma, was sich in der Therapie nicht erfolgreich bearbeiten ließ – zudem nehme ich seit meinem Zusammenbruch ein trizyklisches Antidepressivum, welches das Autofahren verbietet), ist das nicht ganz einfach für mich, zumal es auch mit den Busverbindungen hier nicht sehr gut ausschaut.

        Meistens bleibt es also nur bei Spaziergängen oder einer kleinen Radeltour in der näheren Umgebung. Die bietet freilich nicht allzu viel … – Und dann kommt es halt öfter zu dem, was ich oben schon geschrieben habe.

        Immerhin schaffe ich es wenigstens manchmal, mich ein bisschen zu erholen, zu stabilisieren, wenn ich unterwegs bin. Bald wird dafür freilich wieder so gar keine Zeit mehr sein …

        *

        Ja, Deine Flores braucht ohne Zweifel viel Bewegung, eigentlich jeden Tag am besten ein paar Kilometer Auslauf. Kannst Du das denn mit Deiner Arbeit vereinbaren? Wo lässt Du Flores, wenn Du arbeiten musst? Darf ich Dich fragen, welche Arbeit Du machst?

        Dir auch wieder ganz liebe Grüße! Du schenkst mir so viel Zeit … – Dankeschön! 💚🌻

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  2. Liebe Christiana, deine Wanderung hört sich wunderbar an! Obwohl ich schon ein paar Jahre in Leipzig lebe, kann ich den Ort aber auch immer noch nur schwer aussprechen. 😀
    Ich gehe auch wahnsinnig gerne spazieren – allerdings ehrlich gesagt viel zu selten. Da ich im Stadtzentrum wohne, dauert es mit dem Rad immer erstmal eine ganze Weile, wenn man wirklich mal „so richtig raus will“ und nicht nur in den nächsten Park. Da hast du mir also definitiv was voraus. 🙂 Schön, dass du diese Touren auch bewusst für dich und Flores nutzt und genießen kannst. Die Bilder und Zeilen spiegeln euer Glück auf jeden Fall sehr gut wieder. 🙂

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