Ein Freitagmorgen kurz nach 9 Uhr in Leipzig. Ich bin gerade in meinem Lieblingscafé angekommen – und hatte Glück. Es sind noch Plätze frei. Ich mache es mir also mit Chai Latte und Banana Bread, Notizheft und Bleistift gemütlich und beginne zu schreiben. So richtig konzentriert bin ich allerdings heute nicht, um mich herum passieren zu viele Dinge, die mich ablenken. Da ist zum Beispiel ein süßer Golden Retriever-Junghund, der angesichts der neuen Situation im Café sichtlich aufgeregt ist, am liebsten seiner Besitzerin auf den Schoß hüpfen möchte und bellt, als diese sich in die Schlange an der Theke einreiht. Der Mann, der in der kurzen Zeit auf ihn aufpasst, kann ihn nicht beruhigen. Und bevor der Hund das ganze Café in Aufruhr versetzt, kommt die Besitzerin lieber zurück und übernimmt wieder. Eine nette Bedienung bringt eine Schüssel mit Wasser für den Kleinen. Überhaupt scheint heute Hundetag im Café zu sein. Eine weitere Hundebesitzerin steht mit ihrem Hund an der Theke und wartet auf die von ihr bestellten Sachen. Dem Hund, er sieht aus wie ein Schäferhundmischling, ist die Situation sichtlich unangenehm. Er hat den Schwanz eingeklemmt und blickt unsicher um sich. Schließlich geht seine Besitzerin mit Tablett und Hund zu einem freien Platz. Der Hund verkrümelt sich unter den Tisch. In der Zwischenzeit hat sich am Nebentisch eine ältere Dame niedergelassen. Sie trinkt ihren Kaffee und liest dabei Zeitung. Kurz darauf erscheinen zwei Damen, ca. in den Fünfzigern, und fragen, ob sie sich mit an den Tisch setzen können (am Tisch stehen noch 2 weitere Stühle). Ja, sagt die alte Dame, wenn Sie ausreichend Abstand halten? Die beiden nehmen Platz. Ich finde das seltsam. Mir ist es ohnehin unangenehm, wenn sich fremde Menschen zu mir an den Tisch setzen (mir ist das auch schon mehrfach passiert) und ich würde das selbst nie machen. Schon gar nicht jetzt zu Corona-Zeiten.
Langsam wird mir kalt. Kein Wunder, beide Türen des Cafés sind geöffnet und draußen ist sehr kühl. Ich glaube, heute wird das nichts mehr mit dem Schreiben. Ich ziehe meinen Mantel an, bringe das Geschirr zurück, packe mein Notizheft ein und verlasse das Café. Ich muss mich jetzt erstmal aufwärmen.
Auch wenn die Cafébesuche dank der Corona-Bestimmungen momentan nicht sehr gemütlich sind, hoffe ich, dass sie auch in den nächsten Monaten weiterhin möglich sind. Und dass kein weiterer Lockdown droht. Es klingt vielleicht seltsam, aber die Cafébesuche haben zu den Dingen gehört, die ich während des Lockdowns im Frühjahr am meisten vermisst habe. Weil sie für mich (die ich ja schon seit vielen Jahren im Homeoffice arbeite) immer irgendwie ein Tor zur Außenwelt waren, wenn mir zu Hause die Decke auf den Kopf fiel. Weil mir die Cafébesuche immer geholfen haben, wenn mich dunkle Gedanken überfallen haben oder die Grübelschleife in meinem Kopf nicht enden wollte.
Und dann wären da noch meine beiden Lieblingscafés in Berlin … wenn eines davon, das Stilbruch Kaffee, meine Bilder in einem sozialen Netzwerk liked, versetzt mir das immer einen kleinen Stich. Ich denke dann an die gemütlichen Vormittage, die ich dort verbracht habe. Alleine oder mit Freundinnen. Bei einem grandiosen Frühstück mit den leckersten Pancakes. Wie gerne wäre ich wieder einmal dort. Eigentlich war das für November geplant. Angesichts der Corona-Entwickling denke ich allerdings nicht, dass das klappen wird. Berlin ist für mich gerade gefühlt so weit weg wie der Mond. Leider. Ich hoffe einfach, dass sich die Lage bald wieder entspannt und derartige Cafébesuche, die früher so selbstverständlich waren, dass ich gar nicht darüber nachgedacht habe, bald wieder möglich sind.
