Nirgendwo zu Hause

Mein letzter Post liegt schon eine ganze Weile zurück. Ich hatte in der letzten Zeit einfach keinerlei Motivation zum Schreiben. Ich war mit dem Einleben am neuen Wohnort beschäftigt – und bin es noch. Am Anfang war da ganz viel Reizüberflutung. Ich habe zwar gerade mal etwas mehr als 1 1/2 Jahre am dörflichen Rand als mitten im Trubel gelebt, aber in der Zeit hatte ich mich mehr an das „Dorfleben“ gewöhnt, als ich dachte. Und gerade die letzte Zeit am alten Wohnort war, abgesehen, von der Lärmproblematik, wirklich schön. Ich kannte mit der Zeit immer mehr Menschen, ich war Teil der Hunde-Community im Park geworden und meine Morgenrunden drehte ich fast nie, ohne jemanden zu treffen, den ich kannte und mit dem ich ein kurzes oder längeres Gespräch führte. Und dann gab es noch die „verabredeten“ Hunderunden. Ich fühlte mich immer mehr zugehörig – etwas, was ich lange so nicht gehabt hatte. Und das fühlte sich gut an. An der Wohnsituation änderte das natürlich trotzdem nichts.

Und dann war ich wieder in der großen Stadt – und fühlte mich wie auf einem anderen Planeten. Plötzlich waren da wieder so viele Menschen (ich hatte es sehr genossen, auf dem „Dorf“ manchmal gar niemanden zu treffen und einfach so vor mich hinlaufen und mich entspannt in der Gegend umschauen zu können), mindestens genausoviele Radfahrer, Hektik und Verkehrs- und Baustellenlärm. Bei meiner morgendlichen Hunderunde war/bin ich sofort mittendrin, wenn ich aus dem Haus trete. Diese Umstellung hat mir die ersten ca. 8 Wochen große Probleme bereitet – zumal ich ja auch noch auf Flores achten muss, weil sie in unbekannten (stressigen) Situationen reaktiv ist. Und von diesen Situationen gibt es hier eine ganze Menge. Jeden einzelnen Tag. Den ersten Kilometer bis zum Auwald (danach wird es glücklicherweise etwas ruhiger) und den letzten auf dem Rückweg. Zum Glück setzt auch in diesem Fall eine Gewöhnung ein – ich komme besser klar und kann mich somit auch besser auf Flores konzentrieren und in den jeweiligen Situationen reagieren. Spaß macht mir das natürlich so nicht und entspanntes Spazierengehen ist es auch nicht. Zum Ausgleich geht es jedes Wochenende raus aus der Stadt, ins ländliche Umland. Da kann ich dann wieder ein wenig Energie tanken. Ein paar Mal waren wir auch im Park am alten Wohnort. Ich fand es so unfassbar ruhig und menschenleer (ein paar Leute sind natürlich schon unterwegs, aber es ist nicht mit hier vergleichbar). Und ich war ein bisschen wehmütig, weil ich den letzten Sommer vor Augen hatte, wo ich entweder mit Flores dort lange Runden gegangen oder mit dem Fahrrad in den Park gefahren bin und lange ungestört auf der großen Wiese gesessen habe.

Grundsätzlich war es das letzte Mal ein merkwürdiges Gefühl, wieder dort zu sein. Vor ein paar Wochen noch war mir dort alles vertrauter, ich habe mich „zugehörig“ gefühlt … Das verschiebt sich gerade. Ich fühle mich immer weniger zugehörig. Nicht mehr zu der Gegend und auch nicht mehr zu den Menschen dort. Ich fühle mich immer mehr als Gast. Hier fühle ich mich natürlich aber auch noch nicht zu Hause. Es ist so ein Zwischending und das Gefühl, gerade nirgendwo zu Hause zu sein. Das fühlt sich merkwürdig an – unangenehm, unsicher und ich fühle mich ohne einen sicheren Ort für mich sehr viel verwundbarer und der Welt irgendwie „ausgeliefert“. Glücklicherweise nimmt dieses Gefühl gerade immer mehr ab, am Anfang war das richtig überwältigend. Inzwischen kenne ich hier die Umgebung besser, habe schon ein paar Dinge hier erlebt bzw. den Alltag hier gelebt. Das verwurzelt mit der Zeit. Naja, und Menschen natürlich. Da kenne ich hier bisher leider noch keine und fühle mich deshalb auch recht einsam. Auf den Hunderunden sehe ich andere Hundebesitzer oft nur von weitem. Die Leute sind hier (großstadtypisch) nicht besonders an anderen interessiert, jeder macht sein Ding und man kommt mit niemandem wirklich ins Gespräch. Das finde ich sehr schade. Und traurig für Flores, weil sie jetzt so gut wie keine Hundekontakte mehr hat (bis auf die bei den Besuchen am alten Wohnort). Ich habe noch nicht angefangen, aktiv nach neuen Kontakten zu suchen, mir fehlte bisher die Kraft, neue Menschen kennenzulernen. Fremde Menschen kosten mich einfach Energie, die sich selbst gerade für mich brauche. Also machen wir gerade viel alleine. Und ich vesuche Dinge zu finden, die mir Kraft geben. Jetzt, wo nicht mehr alles so dunkelschwarz ist wie am Anfang gelingt mir das auch besser. Ich habe also im Garten einiges gepflanzt und vor allem die Wildblumenecke, die viele Bienen, Hummeln und Schmetterlinge anzieht, finde ich wunderschön. Den Garten finde ich schön. Wenn meine Arbeit es erlaubt und die Temperaturen nicht mehr so hoch sind, gehe ich mit Flores wieder ein wenig wandern. Ich habe in der letzten Zeit so einiges gekauft (Einrichtungssachen und Klamotten) und es hat mich glücklich gemacht. (Ja, ich hatte vor einiger Zeit angefangen, weniger zu kaufen und wollte generell minimalistischer leben. In der jetzigen Situation schaffe ich das aber nicht.) Ich habe wieder mit dem Laufen angefangen und will das wieder weiter ausbauen. Generell wieder mehr Sport machen. Das hat mir schon immer geholfen, mein angeknackstes Selbstbewusstsein nach und nach zu reparieren.

Ein Teil meiner Wildblumenecke

Insgesamt würde ich sagen, dass das mit dem Umzug nicht unbedingt eine Verbesserung war und ich mir den ganzen Stress der Umstellung/Veränderung hätte sparen können. OK, es gibt kaum Fluglärm, das ist gegenüber dem nächtlichen Dauerlärm am alten Wohnort schon eine Verbesserung. Und man hört keine Bundesstraße aus unmittelbarer Nähe. Ruhiger ist es hier natürlich insgesamt aber nicht. Es gibt halt andere Lärmquellen (von höllischem Baustellenlärm gegenüber in den letzten Wochen bis hin zu Lärm durch Menschen). Im Haus ist es zum Glück recht ruhig. Aber im Haus nebenan wohnen 2-3 laute Menschen (es ist ein recht großer Wohnkomplex mit sicher 30 Wohnungen, die meisten Bewohner sind zum Glück recht ruhig), die mir so richtig auf die Nerven gehen. Allen voran irgendso eine Oma, die täglich (!) stundenlang laut telefoniert und zwischendurch immer plötzlich laut loslacht, sodass man jedes Mal erschrickt. Supernervig. Macht sich richtig gut, wenn man mal die seltene Ruhe im Garten genießen oder bei offenem Fenster arbeiten will. Wenn das nicht besser wird, werde ich da wohl mal hingehen und die Dame auf ihre unangemessene Lautstärke hinweisen müssen. Ich denke, für den nächsten Sommer muss ich mir was überlegen, wie/wo ich anderweitig mehr Ruhe finden kann. Naja, und grundsätzlich werde ich mir Gedanken machen, wo ich langfristig wohnen möchte/kann. Ich denke gerade oft wieder wehmütig an die Wohnung am Rand von Berlin. Die war einfach perfekt und es war ein Fehler, sie aufzugeben. Momentan bleibt mir, das Beste aus der jetzigen Situation zu machen.

Noch mehr aus der Wildblumenecke

2 Kommentare zu „Nirgendwo zu Hause

  1. ja das Thema mit lauten Menschen drumherum in anderen Häusern und Wohnungen kenne ich leider auch…ich hab mir angewöhnt oft Kopfhörer aufzusetzen, die die Ohren komplett umschließen und sanfte ruhige Musik dabei zu hören….so kann ich einige der lästigen Geräusche überdecken….🎈🌺🌼

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    1. Kopfhörer setze ich meistens zum Arbeiten auf, sonst könnte ich mich gar nicht konzentrieren. Allerdings war das im Sommer auf Dauer nicht ganz so angenehm. Kannst du denn welche empfehlen, die man länger tragen kann?

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