Machs gut, 2022

Und wieder ein Jahr, das zu Ende geht. Ein Jahr, das genau wie die letzten 3 Jahre für mich eher von negativen Gefühlen geprägt war. Ein Jahr, in dem ich den meisten meiner Ziele nicht näher gekommen bin. Weil ich mal wieder mit dem Verarbeiten eines weiteren Wohnortwechsels und dem Einleben an einem neuen Ort beschäftigt und damit vollkommen ausgelastet war.

Flores und ich

Was soll ich sagen: Es ist eben, wie es ist. Drei Umzüge in reichlich drei Jahren, jeweils in eine neue Umgebung, bei denen ich jeweils das kleine Umfeld, das ich mir in der kurzen Zeit aufgebaut hatte, wieder verloren habe. Mich oft alleine gefühlt habe. Dazu die fast ständigen Angstsymptome und daraus resultierende depressive Phasen, beides definitiv verschlimmert durch die Umzüge und die damit verbundenen Veränderungen. In diesem Jahr vor allem dadurch, dass ich am aktuellen Wohnort viel mehr Lärm und Trubel managen muss, als ich gedacht hatte. Das Akzeptieren, dass ich meinen Lieblingswohnort loslassen muss, von dem ich gehofft hatte, dass ich vielleicht wieder dahin zurückkehren kann. Das alles sind Prozesse, die ich neben dem normalen Alltag durchlaufen und irgendwie bewältigen muss(te). Da ist es so gar nicht verwunderlich, dass ich die meiste Zeit müde, erschöpft und energielos war. Dann waren da all die unschönen Ereignisse in der Welt, die mich zusätzlich oft deprimiert und mutlos gemacht haben. Der Krieg in der Ukraine, das Leid der vielen Straßenhunde überall, die Sorgen um die Natur generell, um nur einige Beispiele zu nennen.

Weiter Wolkenhimmel

Ich war in diesem Jahr oft wütend. Weil ich mehr wollte, als in Wirklichkeit ging. Weil ich gesehen habe, was andere so schaffen und können. (Sich zu vergleichen ist in so einem Fall allerdings gar nicht gut – die anderen sind ja nicht in meiner Situation. Ich werde im neuen Jahr versuchen, mich weniger zu vergleichen und geduldiger/nachsichtiger mit mir zu sein. Ich glaube, das wird eine meiner schwierigsten Aufgaben.)

Aber: Es gab sie auch, die schöneren Tage, die Lichtblicke. Lichtblicke, die mir den dunklen Weg erhellt und ein wenig die Richtung gezeigt haben, wenn ich der Meinung war, dass ich gar nicht mehr sehe, wohin ich eigentlich will.

Sommerbeschäftigung

Wenn ich dieses Jahr Revue passieren lasse, bin ich trotz allem ein bisschen stolz auf mich. Weil ich durchgehalten habe. Weil ich jeden Tag, mal mehr, mal weniger gelassen, mit Flores durch den Trubel hier zum Auwald und zurück gelaufen bin. Manchmal bin ich mit dem Schließen der Wohnungstür hinter mir in Tränen ausgebrochen. Manchmal habe ich unterwegs geweint. Aber ich habe es jedes Mal geschafft. Ich habe Tag für Tag den ganzen Lärm hier ausgehalten. Und meine Arbeit geschafft, obwohl die mir bei den vielen Lärmquellen viel schwerer gefallen ist als früher und ich mich hier aufgrund der ständigen Anspannung/Grübelgedanken nicht gut konzentrieren kann. Ich bin trotz meiner ständig präsenten Angstsymptome einige Male nach Berlin gefahren, zweimal davon für mehrere Tage. Beim letzten Mal musste ich den Aufenthalt abbrechen, weil die Angst mich einfach nicht losließ. Aber ich habe es irgendwie geschafft. Ich habe auf der Rückfahrt in einem extrem vollen Zug gesessen – etwas, was für mich sehr schlimm ist und bei entsprechender Stressbelastung oft in Panikattacken endet. Ich habe es ohne Panikattacke geschafft. Ich habe öfter meine Meinung deutlich vertreten, auch wenn das einen Konflikt nach sich zog. Flores hat viele Fortschritte gemacht. Ich habe gelernt, mehr Verständnis für sie zu haben und geduldiger mit ihr zu sein. Das hat unsere Beziehung sehr verbessert. Ich habe viel aussortiert, verschenkt, verkauft – und möchte noch mehr Dinge loswerden. Ich habe in diesem Jahr viel gespendet – für Menschen und Tiere in der Ukraine und generell für den Tierschutz, insbesondere die Straßenhunde in der Türkei. Ich habe 3 neue Patenhunde dazubekommen, die in Sheltern in Rumänien und der Türkei leben und die ich regelmäßig unterstütze. Ich habe mit dem Abnehmen angefangen … nach anfänglichen Schwierigkeiten funktioniert es inzwischen ganz gut. 4 kg sind bisher weg. 13 sollen noch folgen.

Im Garten waren oft Wildbienen zu Gast

Bei all den schweren Dingen gab es auch Dinge, die schön waren, die mir Energie gegeben haben. Da waren die Besuche in meinem Lieblingscafé. Dort fühle ich mich wohler und sicherer als hier in dieser Wohnung. Und deshalb habe ich auch in diesem Jahr wieder einiges an Zeit dort verbracht. Wir waren oft an Seen hier in der Umgebung. Wir haben den Auwald erkundet und neue Gegenden/neue Wege entdeckt. Ich hatte das erste Mal in meinem Leben einen Garten und habe den so bienenfreundlich wie möglich bepflanzt, was erstaunlich gut funktioniert hat. Ich habe entdeckt, dass mir das Upcycling von alten Möbeln wahnsinnig viel Spaß macht und habe einigen Möbelstücken ein neues Aussehen verpasst. Ich habe im Herbst angefangen, mit Acrylfarben zu malen. Ich hatte immer im Hinterkopf, dass ich nicht malen kann. Deshalb habe ich mich seit der Schulzeit nicht mehr herangetraut. Jetzt habe ich festgestellt, dass es mir doch Spaß macht und mir sehr gegen meine innere Unruhe hilft. Ich muss nur den Perfektionismus, das alles-sofort-und-ohne-Übung-können-wollen beiseite legen. Auf jeden Fall ist das etwas, was ich im neuen Jahr öfter machen möchte.

Bei der Demo für Tierrechte

Ich war auf einer Demo für Tierrechte. Allein. Und trotz der Anfeindungen von einigen Menschen am Straßenrand hat es sich sehr gut angefühlt, für eine Sache einzustehen, die mir wichtig ist. Und unter Menschen zu sein, die die gleiche Einstellung haben und gegen Tierquälerei jeglicher Art kämpfen. Es hat mich motiviert, einen weiteren Schritt Richtung vegane Ernährung zu gehen. Nächstes Jahr bin ich wieder dabei. Dann A., der Mensch in meinem Leben, der mich immer unterstützt hat, auch wenn wir oft nicht einer Meinung waren. Und nicht zuletzt: ein Topf mit Glücksklee, der heute vor der Wohnungstür stand.

Neu entdeckte Darß-Liebe

Dann waren da die Lichtblicke in diesem Jahr: der Urlaub auf dem Darß in einem abgelegenen Ferienhaus, ohne Autolärm und ohne viele Menschen in der Umgebung. Dort bin ich das erste Mal in diesem Jahr so richtig zur Ruhe gekommen. Die Ausflüge waren toll, es war schön, nach so vielen Jahren Usedom (nichts gegen Usedom, ich liebe die Insel, aber ich muss auch ab und an mal was Neues sehen) eine neue Gegend zu entdecken. Ich konnte einfach entspannt draußen sitzen und in den Himmel schauen, ohne mich beobachtet zu fühlen. Und abends vom Dachfenster aus die Sterne betrachten. Ich habe mich so gefreut, die Stille, die ich seit meinem Wegzug aus Wandlitz so vermisst habe, wiedergefunden zu haben. Die anderen Lichtblicke waren jeweils im Dezember ein Besuch bei meinen Eltern, der überraschend harmonisch ablief (das war nicht immer so) und ein Besuch bei anderen Verwandten. Nachdem ich ja in dieser Stadt fast die ganze Zeit von fremden Menschen umgeben bin, tat es richtig gut, Zeit mit vertrauten Menschen zu verbringen. Mit Menschen, die wissen, wie ich bin und bei denen ich so sein kann wie ich bin. Ich habe gemerkt, wie angespannt ich hier in dieser fremden Umgebung unter all den fremden Menschen immer bin. Bei den Besuchen hatte ich das Gefühl, als ob irgendetwas von mir abfällt, als ob ich etwas loslassen kann. Meine innere Unruhe, die ich hier ständig habe, war dort komplett weg. Ich war das erste Mal seit langem mal wieder ich selbst. Und irgendwie hatte ich schon fast vergessen, wie das ist. Sehr gefreut hat mich auch, dass es mit Flores diesmal besser geklappt hat. (Bisher war ich meistens angespannt, weil Flores nicht so gut mit ihnen klarkam und sie öfter angebellt hat.)

Eine Herz-Botschaft an einem Baum im Auwald

Und dann sind da noch die Erkenntnisse, die ich in diesem Jahr hatte:

  1. Ich habe festgestellt, dass man auch außerhalb des Sommers sehr gut Röcke und Kleider tragen kann.
  2. Es ist großartig, in Second Hand-Läden zu stöbern und Dinge Second Hand zu kaufen.
  3. Es macht Spaß, Dinge loszuwerden.
  4. Ich habe mal wieder zu oft mehr gegeben als zurückbekommen. Etwas zurückbekommen habe ich dann vor allem von Menschen, die ich nicht kannte und von denen ich es dementsprechend gar nicht erwartet hatte.
  5. Und noch so einige mehr.
Gemalt

Direkte Vorsätze für das neue Jahr habe ich nicht. Es gibt ein paar Dinge, die ich gerne umsetzen würde. Natürlich werde ich weiter an meiner Angst arbeiten, Schritt für Schritt, wie es eben geht. Hoffentlich auch mit professioneller Unterstützung. Ich würde gerne wieder mehr verreisen. Eine Zeit außerhalb dieser Stadt hier verbringen. Ich will gerne wiedre mehr schreiben. Ich möchte sowohl weiter Tieren und Menschen helfen, da auf jeden Fall aktiver werden, aber auch den Fokus klar auf mich legen, damit ich überhaupt Kraft für andere habe. Denn: You cannot give from an empty cup. Das habe ich in diesem Jahr wieder oft feststellen müssen. Das heißt, ich werde ganz klar schauen, von wem etwas zurückkommt. Nicht um aufzurechnen, aber um mich nicht mehr so ausnutzen zu lassen. Ich habe dieses Jahr erlebt, wie Menschen, die mir seit Jahren ihre zahlreichen Probleme erzählt haben und denen ich zugehört habe und sie aufgebaut habe, ganz schnell in der Versenkung verschwunden sind, als es mir nicht gut ging. Für solche Menschen ist im neuen Jahr kein Platz mehr in meinem Leben. Ich werde mich nicht mehr um Kontakt zu Menschen bemühen, die ganz offensichtlich kein Interesse an Kontakt zu mir haben. Stattdessen werde ich mich auf die Suche machen nach Menschen, denen ich emotional nicht zuviel bin und bei denen ich so (emotional) sein kann wie ich bin, mich nicht immer zurücknehmen muss – und die in der Hinsicht ähnlich ticken wie ich.

Schneezauber im Auwald

Ein großes Danke geht an euch für das Lesen und Kommentieren meiner Posts in diesem Jahr. Ich wünsche euch ein großartiges Jahr 2023!

Silvesterwanderung

Ein Kommentar zu „Machs gut, 2022

Schreiben Sie einen Kommentar

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Wechseln )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Wechseln )

Verbinde mit %s